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re:publica Tag 2

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Ein Bällebad mit grünen Bällen, in dem lauter männliche Jugendliche sitzen

Der Tag, an dem Politik und Business die Hauptrolle spielen.

Ein Bällebad mit grünen Bällen, in dem lauter männliche Jugendliche sitzen

Das Programm der re:publica ist unglaublich dicht. Die Gesamtanzahl der Veranstaltungen ist praktisch nicht zu überblicken und natürlich pickt man für sich selbst das heraus, was nach Titel (und Zeit) am besten zu einem selbst passt bzw. von dem man sich neue Erkenntnisse verspricht. Der Dienstag war für mich daher der Tag, an dem ich ein wenig was vom Geschäft hinter der Technik und von der Politik hören wollte, um nicht in meiner Echokammer zu versauern.

Los ging es mit Business, allerdings blieb ich dann schon noch nah an meiner Überzeugung, dass offen Programme und Schnittstellen besser sind als die Silos von BigTech. Also hörte ich am Morgen einen Vortrag von Frank Karlitschek, dem Gründer und Geschäftsführer von Nextcloud. Das Geschäftsmodell von Nextcloud (das Produkt setze ich mal als bekannt voraus) basiert letztlich auf Zusatznutzen, den zahlende Kunden vom Unternehmen bekommen. Dabei bietet Nextcloud selbst das Hosting seiner Software gar nicht an, sondern ’nur‘ Begleitdienste in Bezug auf Sicherheit und schneller Unterstützung bei Fragestellungen und Problemen. Das ist ein sehr spannender Ansatz, denn das Produkt selbst – also Nextcloud – wird dadurch zu einem immer frei verfügbaren Produkt. Andere Hersteller (z.B. HumHub) gehen das anders an. Hier ist die Grundfunktion frei verfügbar, aber es gibt kostenpflichtige Extras. Frank Karlitschek erläuterte, dass es sein Modell hier für das nachhaltigere und offenere hält.

Ein Mann auf einer Bühne, dahinter auf der Präsentationswand der Lebenslauf von Frank Karlitschek

Im Anschluss diskutierte Leonhard Dobusch (Professor für Informationstechnologie an der Uni Innsbruck und bis vor kurzem im ZDF-Verwaltungsrat) mit Philip Schroepel von Mastodon darüber, wie man ein gemeinnütziges Unternehmen in dem Bereich aufbaut, um diesen Teil des Fediverse nachhaltig entwickeln zu können. Dabei blieben diverse Fragen offen, die in Bezug auf den Gemeinnützigkeitsstatus stehen. Leider hat die Regierung in der vergangenen Legislaturperiode es ja nicht mehr geschafft, das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren. Damit sollte offene Softwareentwicklung ebenso in den Katalog der Möglichkeiten für Gemeinnützigkeit (Abgabenordnung) aufgenommen werden wie der Journalismus – beides fehlt leider nach wie vor. Unabhängig davon erschien es mir, als wisse die Mastodon gGmbH nicht so recht, wie sie ihren weiteren Weg gehen will – speziell im Kontrast zum Vortrag vorher blieb das leider hängen.

Zwei Männer auf einer Bühne, dahinter das Slide Mastodon: Offene Infrastrukturen für alle Philip Schroepel und Leonhard Dobusch

Danach die politische Ecke: Nach einem eher wenig inspirierenden und eher lahmen Vortrag und kurzer Befragung des neuen ersten wirklichen Digitalministers auf Bundesebene wurde es auf der Bühne deutlich lebhafter, weil mit Ricarda Lang (Video fehlt noch) und Heidi Reichinnek nacheinander zwei verhältnismäßig junge und hochpolitische Frauen auf die Bühne kamen, die mit ihrer Kommunikationsart und auch ihren Inhalten das Publikum deutlich mehr überzeugten als der dröge Ex-Chef von Saturn und Media-Markt. Ob dem der Titel ‚Digitalministerium als Start-Up‘ vorgegeben wurde? Ich hoffe mal nicht, dass die Bundesregierung wie so viele Start-Up-Gründer vorhaben, das Ding an den nächstbesten Investor zu verkaufen – wobei mir das beim Blackrock-Dude an der Regierungsspitze wiederm logisch erschiene.

Zwischen den beiden gab es noch einen Beitrag zur Volkswirtschaft und warum Schulden wie das Milliardenpakte jetzt nicht wirklich eine große Sache sind (ok, verkürzt dargestellt). Maurice Höfgen rechnete jedenfalls vor, dass die 500 Merzilliarden unseren Staat nicht nachhaltig belasten, auch wenn es nach einer Riesensumme klingt, aber erstens verteilt sich diese auf 5 Jahre und zweitens geht das im Gesamthaushalt auch fast unter.

Dann war ich noch beim Gründer und CEO von DeepL, dem KI-gesteuerten Übersetzungstool. Gestartet zwar noch mit Small-Language-Modellen ist man seit letztem Jahr dann doch bei einem LLM angekommen allerdings – und das ist der Unterschied zu ChatGPT und Co. – eben keinem LLM mit einem generalistischen Ansatz sondern mit einem selbst erstellten Modell, das speziell auf Sprache und Grammatik trainiert ist. Jaruslaw Kotylowski beschrieb den Entwicklungsprozess von DeepL als Unternehmen, also nicht die technischen Aspekte. Aus seiner Sicht beschrieb er auch, dass er investorengestützte Entwicklung und das Format als gewinnorientiertes Unternehmen für ihn das richtige Modell ist. Immerhin ist das Unternehmen erfolgreich, auch auf der wirtschaftlichen Seite. Viele Unternehmen, Behörden und auch Organisationen verwenden das System. (Video fehlt noch)

Ein Mann und eine Frau unterhalten sich auf einer Bühne vor einem Slide re:publica

Fast den inhaltlichen Abschluss machte dann das Känguru, genauer gesagt Marc-Uwe Kling. Allerdings stand er gar nicht im Mittelpunkt der Gesprächsrunde, es ging vielmehr um die Initiative ‚Save Social‚ und die Forderung, Soziale Netzwerke als demokratische Kraft zu retten und sich von der Machtfülle und der Steuerung von BigTech zu lösen. Marc-Uwe Kling diskutierte zunächst ein wenig mit dem Känguruh, ehe dann Franziska Heine und Markus Beckedahl dazustießen und unter der Moderation von Geraldine de Bastion über Wege und Möglichkeiten diskutierten. Insbesondere ging es auch um die Chancen, öffentliche Institutionen in die freien Angebote des Fediverse zu bringen und ggf. eine Regelung zu schaffen, nach der öffentlich geförderte Organisationen neben den kommerziellen Angeboten auch auf einer freien Plattform zugegen sein müssen.

Den Abschluss machte dann ein Workshop von D64, in dem Vorstand Dirk Schoemakers und Mitarbeitern Anke Obendiek über Digitale Werkzeuge für gemeinwohlorientierte Organisationen und das Ehrenamt berichteten und darüber diskutierten.

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