Zum Inhalt springen

Ist KI nur eine Blase und wann platzt sie?

Graublauer Hintergrund, in dem verschwommen kleinere und größere Seifenblasen erkennbar sind. In der Bildmitte eine große Seifenblase, darin in dunkelblauer Schrift "KI". Links der Seifenblase ist eine Nadel zu erkennen, die sich nahe an der Wand der Seifenblase befindet.

Eigentlich gibt der Titel schon die Antwort vor. Ja, aber wann platzt sie? Das ist derzeit die große Frage in der Welt, wenn es um die sogenannte künstliche Intelligenz geht. Eigentlich geht es aber gar nicht um künstliche Intelligenz im Allgemeinen sondern um einen Teilbereich der ‚KI‘ – die generativen Modelle wie ChatGPT, Grok, Gemini, Claude und weitere, die sogenannten Transformermodelle bzw. Generativer vortrainierter Transformer (das was wir als die oben genannten Produkte kennen).

Dieser Teilbereich ist eigentlich in geschätzt 99% aller Berichte über ‚KI‘ gemeint, obwohl andere Ausprägungen der Technologien deutlich häufiger im Einsatz sind. Der Grund dieser Gleichsetzung ist letztlich ein wirtschaftlicher. Die Firmen, die in den letzten Jahren in die Entwicklung und den Einsatz dieser Modelle investiert haben, finden sich derzeit in einer stetig wachsenden Welle von Fragestellungen über ihre Geschäftsmodelle wieder. Die Fragestellung ob und wenn ja wann und wie stark sich die Investitionen rechnen können, sind ebensowenig neu wie die Frage, ob diese Modelle überhaupt einen nachhaltigen Nutzen haben können. Neu ist, dass die Kritik nicht nur von einigen wenigen (wenn auch teilweise lauten) Kritikern kommt, sondern auch im Mainstream angekommen ist. In einer viel beachteten Studie des MIT wurde festgestellt, dass es in 95% der Fälle nach der Einführung von KI-Tools in Unternehmen nicht zu einem Umsatzwachstum oder höherem Gewinn gekommen ist. Die meisten Programme bleiben hängen oder zeigen einen geringen bis nicht messbaren Einfluss auf das Unternehmen – bei hohen Kosten. Dabei ist nicht mal ausschließlich das System an sich das Problem, sondern mangelnde Anpassung und Verständnis im Unternehmen. „Die meisten scheitern an brüchigen Workflows, mangelndem kontextuellem Lernen und Fehlausrichtung mit dem täglichen Betrieb“, heißt es im Report (automatisch übersetzt). Da bräuchte es Zeit, für die Umsetzung und auch bessere Modelle – aber die gibt es nicht und die Zeit wird knapp.

Vor einem Jahr noch waren Stimmen, die den inhaltlichen, wirtschaftlichen, ethischen oder ökologischen Wahnsinn bei ‚KI‘ kritisiert haben Leute wie Ed Zitron, Cory Doctorow oder Jürgen ‚tante‘ Geuter, die in ihren Veröffentlichungen und Vorträgen vor den Folgen des Hypes ebenso gewarnt haben wie vor der Macht der TechBro-Milliardäre. Seit einigen Wochen jedoch finden sich vermehrt auch Artikel in größeren Medien und Warnungen auch von Industriebeobachtern, ja sogar aus der Industrie selbst.

Diese Woche fragt das WallStreet Journal, ob sich KI jemals auszahlen wird (Spending on AI Is at Epic Levels. Will It Ever Pay Off?). Der österreichische Standard ist der Sache schon länger auf der Spur. Zuletzt Anfang September unter der Überschrift ‚KI-Hype an der Kippe: Große Träume treffen auf wachsende Zweifel‚, im Artikel sind weitere verlinkt. Ausgerechnet Sam Altman, der häufig als KI-Guru auserkorene Schöpfer von OpenAI warnt vor einer Blase. Kein Wunder, das letzte Modell von OpenAI, ChatGPT 5, das vorab als der ganz große Sprung in Richtung einer allgemeinen künstlichen Intelligenz gesehen wurde, die dann aber wirklich dem Menschen den Rang ablaufen könnte, erwies sich als Rohrkrepierer mit fast so vielen Rückschritten wie besseren Ergebnissen. Neben lauter Kritik gibt es auch spezifischere Einschätzungen, die am Ende aber auch nicht wesentlich besser ausfallen. Beim Versuch, das Modell objektiv zu beschreiben bleibt übrig, dass die Entwicklungskurve stark abflacht und Verbesserungen – wenn überhaupt vorhanden – nicht mehr so offensichtlich sind wie zuvor. Zudem

Da bleibt dann vor allem die Frage, wer das alles bezahlen soll. Es ist praktisch nicht einzuschätzen, wie viel Geld in den vergangenen Jahren für die Entwicklung von LLMs und die Errichtung den notwendigen Rechenzentren gesteckt wurde. Was klar ist: keine der Firmen, die sich ausschließlich mit ‚KI‘ beschäftigen, ist auch nur in der Nähe einer Gewinnzone. Und es wird langsam auch klar, dass Nutzende (Firmen wie Privatleute) nicht gewillt sind, dafür extra zu bezahlen. Nicht umsonst werden die Modelle in bestehende Software integriert und dabei dann teurer gemacht. Microsoft ist ein prominentes Beispiel, aber längst nicht das einzige (siehe Adobe). Gerade die wirtschaftliche Frage steht derzeit mehr noch als inhaltliche Probleme im Mittelpunkt. Wer im Netz sucht, findet diverse Beispiele, wie hier bei Telepolis für die wachsenden Fragestellungen zur wirtschaftlichen Stabilität der Unternehmen, verbunden mit der Frage, ob es eine Blase gibt und wie groß die denn tatsächlich ist. In der vergangenen Woche hat auch die Deutsche Bank eine Warnung ausgesprochen, nach der die KI-Blase das Einzige ist, das die US-Wirtschaft noch zusammenhält.

Ein Beispiel für eine Blasenbildung ist auch, dass die beteiligten Unternehmen zunehmend ‚Deals‘ verkünden, mit denen sie sich selbst gegenseitig unterstützen. Letzte Woche haben Nvidia (jaja, der Chip-Gigant) und OpenAI verkündet, dass Nvidia bis zu 100 Milliarden US$ in OpenAI investiert. Das Ziel dabei ist allerdings, dass OpenAI für dieses Geld Chips von Nvidia für neue Datencenter kauft. Kennt jemand den Begriff Zirkelbezug? Damit wird bei keinem der Unternehmen auch nur Ansatzweise neuer Wert geschaffen.

Ja, da geht es erst mal um die US-Wirtschaft, aber natürlich hängt da die Welt mit dran. Noch immer ist der US-Dollar die Leitwährung und wenn die Amerikanische Wirtschaft die Grätsche macht, dann werden die Wellen uns alle erfassen. Auch wenn das vielleicht noch nicht direkt passiert, es wird sicher Auswirkungen geben und längst nicht alle KI-Firmen werden bestehen bleiben, auch nicht alle Modelle werden weiterlaufen oder weiterentwickelt werden.

Aber auch das ist noch nicht überall angekommen. Dazu die kleine Aufforderung: Betrachtet mal unter diesen Gesichtspunkten die zum großen Teil völlig von den Tatsachen entfernten Ansichten sogenannter ‚Experten‘ in dieser Zitatsammlung von brand eins. Damit sind dann vor allem die gemeint, die ‚KI‘ vor allem als wirtschaftlichen Aspekt sehen, wie – wen wundert’s – die FDP Bossin und „KI-Beraterin“ Nicole Büttner. Andere aus dem (gesellschafts-)wissenschaftlichen Bereich sind auch hier schon deutlich kritischer. Damit ist die Sammlung ein ganz gutes Abbild der Diskussionen.

Lasst uns in einem Jahr mal zusammenkommen und schauen, was vom Hype übriggeblieben ist.

Bildquellen