In den nächsten Wochen entscheidet sich, ob Deutschland sich auf der EU-Ebene für oder gegen eine Chatkontrolle einsetzen wird. Es ist dringend Zeit, sich dagegen zu wehren.
Was bedeutet das und warum ist es wichtig, sich dagegen zu wehren?
Die geplante Chatkontrolle wird damit begründet, den Missbrauch von Kindern verhindern zu wollen. Das ist ohne Frage ein extrem wichtiges Anliegen – allerdings sind die geforderten Maßnahmen nicht dazu geeignet, hier tatsächlich eine Wirkung zu entfalten. Stattdessen führt der geplante Entwurf der sogenannten Chatkontrolle zu einer massiven Überwachung unserer privaten Kommunikation. Die EU-Kommission geplante Verordnung, verpflichtet die Anbieter von Messenger-Diensten, E-Mail-Providern und anderen Kommunikationsdiensten dazu, ALLE privaten Nachrichten und Bilder automatisiert zu durchsuchen und im Falle von vermeintlich problematischen Inhalten diese automatisiert an eine Meldestelle weiterzuleiten. Was genau wie gemeldet würde, lässt sich von den entsprechenden Meldestellen technisch einstellen. Damit wäre dem Missbrauch der Überwachung und der Meldung von ‚problematischen‘ Inhalten Tür und Tor geöffnet.
Wissenschaftler und Organisationen wie der Kinderschutzbund betonen das in ihren Stellungnahmen. Digitalverbände und weitere zivilgesellschaftliche Gruppen setzen sich mit fundierter Sachkenntnis gegen die Durchführung ein. Gerade die Position des Kinderschutzbundes – der den Schutz und die Interessen der betroffenen Kinder und Jugendlichen in besonderer Weise auf verinnerlicht hat – sollte zu denken geben.
Bislang hat Deutschland sich in den Gremien der EU zu dem Thema enthalten und damit faktisch eine Entscheidung blockiert. Das könnte sich nun ändern. Und die Zeit drängt: Am 7. Oktober (Dienstag) entscheidet die Bundesregierung über ihre Position zur Chatkontrolle. Am 8. Oktober tagt das Vorbereitungsgremium. Am 14. Oktober stimmt der EU-Ministerrat ab.
Das bedeutet: Die nächsten Tage sind entscheidend! Wenn Deutschland Ja sagt, könnte die Massenüberwachung Realität werden.
Was kann man tun
„Mein“ Digitalverein D64 schlägt vor, aktiv zu werden, indem man sowohl die zuständigen Ministerien als auch die Bundestagsabgeordneten aus der Region anschreibt. Genaueres beschreiben wir in einem Blogbeitrag, dem ich mich vollumfänglich anschließe. Hier auch die Positionierung von D64 mit weiteren Argumenten.
Eine Mail ist schnell geschrieben, wenn bei den Ministerien und den Abgeordneten (für uns wäre das Jan Metzler) massiv viele Mails eingehen, gibt es durchaus die Chance, hier eine derzeit unklare Positionierung noch zu verändern. Also ab an Eure Mails!
Was habe ich getan?
Ich habe die oben angesprochenen Mails geschrieben und dabei meine Position deutlich gemacht, das sieht bei mir so aus:
Ich bin Bürger aus Lörzweiler und der Vorsitzende der LAG Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen in Rheinland-Pfalz. Als Verband vertreten wir über 80.000 Einzelmitglieder in unseren 58 Mitgliedsverbänden. Als Dachverband und Interessensvertretung der Selbsthilfe setzen wir uns für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ein. Unser Ziel ist es, umfassende Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen sowie deren Angehörigen in allen Lebensbereichen zu fördern. Ebenfalls bin ich Mitglied im mitgliederstärksten Digitalverein Deutschlands, D64 und dort Co-Koordinator der AG Bildung.
Ich fordere Sie auf, sich für ein klares NEIN zur Chatkontrolle einzusetzen!
Die Chatkontrolle bedroht Verschlüsselung, Privatsphäre und unsere Sicherheit. Die Chatkontrolle führt nicht zum Erreichen der Ziele, die mit der Durchsetzung der Chatkontrolle vorgeblich verbunden sind. Stattdessen führt sie zu Massenüberwachung und beinhaltet eine massive Gefahr des Missbrauchs.
Wissenschaftler und Organisationen wie der Kinderschutzbund betonen das in ihren Stellungnahmen. Digitalverbände und weitere zivilgesellschaftliche Gruppen setzen sich mit fundierter Sachkenntnis gegen die Durchführung ein.
Ich erwarte, dass Sie sich öffentlich gegen Massenüberwachung positionieren.
Dabei gibt es deutlich wirksamere Alternativen:
- „Löschen statt Sperren“ – Behörden nutzen bestehende Möglichkeiten nicht konsequent
- Bessere Medienaufklärung für Kinder
- Mehr Beratungsstellen für Betroffene
- Meldestellen direkt in Messengern
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Pfleiderer
Bildquellen
- chatkontrollestoppen: Aktion Chatkontrolle stoppen | All Rights Reserved
